Besonders spannend ist die Wandlung von
einer kurzen geometrisch strengen Phase in eine farbintensive,
gestische Abstraktion, die als typisch österreichische Variante dieser
im 20. Jahrhundert wesentlichen Richtung bezeichnet werden kann. Durch
diese Konzentrationen gibt es bis in die heutige Kunstgeschichte die
fälschliche Auffassung, dass die körperbetonte Abstraktion und nicht
eine geometrisch-konstruktive Richtung hier beheimatet ist. Doch auch
Unger bediente beide Seiten.
Kurator Franz Smola konzentriert seine Analysen dieser "Variationen"
auf frühe Seitenblicke des Künstlers in Richtung Frankreich (Léger war
für den Art Club vielleicht wichtiger als Picasso) und Kandinsky. Eine
Ausstellung des Russen in Paris 1949 zeigt ihre Folgen in
"Baumlandschaften", die auch als Plakatsujet und Katalogcover gut
gewählt wurden.
Abstraktes Netz
Ungers persönlicher Stil etablierte sich nach Abbruch einer
geometrischen Phase und einigen Experimenten mit Sand in der Malpaste –
schon durchwegs eigenwillige Werke – in die damals zeitgeistige
Richtung des Informellen. Seine gestisch bewegte, meist in pastosen
breiten Pinselstrichen aufgetragene Malerei setzt nach einer letzten
entfernten Berührung mit Ideen von Matisse Anfang der Sechzigerjahre
ein. Damals war durch die Biennalen in Venedig und Sao Paulo, auch die
erste Documenta-Schau, der Deutsche Ernst Wilhelm Nay groß in Mode.
Unger wurde mehrmals Kommissar für Sao Paulo, reiste viel und regte
Austauschausstellungen an. Er hatte sich auch durch große Glasfenster
oder Keramikwände in Kirchen, Sparkassen und anderen öffentlichen
Gebäuden einen Namen gemacht. Er legte in Zyklen abstrakte Landschaften
und Menschengruppen unter ein rhythmisch abstraktes Netz, egal ob es
sich um Hochzeiten, Vögel oder Flugzeuge, Steinbrüche oder Häfen
handelt. Seine Auffassung kommt der Neigung der Betrachter entgegen,
immer Gegenständliches unter reiner Form und Farbe suchen. In späten
Jahren löst sich seine Malerei über viel weißer Fläche wie ein
Streumuster heller Farbstreifen auf.
Franz Smola (Kurator)
Oberes Belvedere
Bis 5. Juni
Retrospektiv.
Mittwoch, 22. Februar 2006